DIE MIMMI’S

   Punk und alter Fisch stinken, wenn sie zu lange ‘rumliegen. DIE MIMMI’S hingegen konservieren die grätenfreie Mutation aus Spaß, Punk und Politik, was in etwa auch die grobe Fahrtrichtung in Fabsi’s Leben ausmacht. Dass das nicht immer so war, erklärt DIE MIMMI‘S-Sänger im nachfolgenden Interview, schildert ehrlich und offen die Schicksalsschläge im privaten Bereich, die sich zwangsläufig auch auf das kreative Bandleben auswirkten. Fabsi schöpft Kraft und neue Energie aus der Quelle der Kreativität, der Familie, dem Freizeitspaß, wirkt mitunter ruhe- und rastlos. „Ich will alles und noch viel mehr” ist dann nicht nur der aktuelle Albumtitel, sondern auch die Lebensmaxime eines Punkrockers, der manchmal schneller sabbelt, als die Benzinpreise steigen, aber immer so ein verschmitztes Lächeln zeigt wie ein Honigkuchenpferd on speed. Fabsi fühlt sich vom Punk angezogen wie Motten vom Licht, Vampire vom Blut, Deutsch-Punker_innen vom Dosenbier, welches er auf Konzerten verteilt, während er gleichnamiges ZK-Lied intoniert. Da muss ihm keineR mehr was vormachen, denn als Punk-Papst verzeiht er seiner Gemeinde so manchen Fehler, nicht aber die Einfuhr des Dosenpfands. Fabsi ist ein Überbleibsel der 1. Düsseldorfer Punkschule, der nach dem Ende der Düsseldorfer Punkband ZK ( 1 ), im November 1981 im Hafen von Bremen an der Weser gestrandet ist, um hier seiner Gemeinde und den ansässigen Fischköppen mit DIE MIMMI’S und dem gegründeten WESERLABEL ( 2 ) eine Prise Spaß einzuhauchen. Was später als Fun-Punk deklariert wurde, leben DIE MIMMI’S bis heute und folgen einem Stern, der immer noch funkelt wie das Glitzern im Augenlicht, wenn Alt-Punx von früher erzählen. Als ich Fabsi im September 2007 in Bremen-Oslebshausen besuchte, sah ich bei ihm ebendieses Funkeln, was aber auch der glasige Blick von zu wenig Schlaf sein konnte.

(Das Interview mit Fabsi wurde im UNDERDOG #24 , Sommer 2008, veröffentlicht).

„Ständig unter Strom, die Welt wird neu gemacht” heißt es auf dem aktuellen Album “Ich will alles”. Und bevor die Leitungen überlasten, die Sicherungen durchknallen und Rauch über den Köpfen die Sinne vernebelt, bieten Fabsi und MIMMI‘S Gitarrist Elf parallel zu DIE MIMMI‘S-Konzerten und auf Anfrage eine visuelle Unterhaltungsform an wie Fabsi das Prinzip dahinter mit glänzenden Augen erklärt: “ Die Idee hinter der Punkrock-Diashow war, dass wir keinen Bock mehr auf die Support-Events hatten, soll heißen: da kommt die ganze Horde an, mit Manager, Kumpels, Freundinnen, Tourleiter…und bevor du auf die Bühne gehst, ist das Bier weg. Die benehmen sich backstage wie Sau…wie in Süddeutschland, wo ein Typ mit einer abgeschlagenen Flasche von einem mitgereisten -angeblichen- Fan des Support-Acts angegriffen wurde. Da haben wir die Schnauze voll gehabt. Wir haben immer so 300 Fotos, die mit Punkmucke und Kommentaren von Elf und mir untermalt werden. Zudem gibt es Videos, die ich tonnenweise habe, und noch nie gezeigt worden sind. Richtige Clips auch. Elf schneidet das zusammen. Da sind dann beispielsweise die LURKERS zu sehen, dazu dann passend die Musik der LURKERS. Bei den DIE MIMMI‘S Konzerten gibt es die abgespeckte Version. Aber Elf und mich kann man auch mieten ( Anmerkung der Red.: Kontakt über Weserlabel, s.u.) Wir haben Fotos, die auch eine Geschichte haben. Und die wird dann erzählt.. .”

POGT ihr Schweine!
Die Geschichte der DIE MIMMI‘S ist von Schicksalsschlägen, Neubesetzungen, Unterbrechungen geprägt. Und dennoch kommt das aktuelle Album so frisch daher wie das Obst- und Gemüseangebot bei EDEKA…Fabsi über Karriereknick, Krautrock und “dieses spannende Entdecken von Neuem im Unterschied zwischen Früher und Heute!”

Hallo, Fabsi‚ nachdem euer Tonträger bereits auf dem Markt ist, habe ich im Vorgarten kreischende Fans und jaulende Journalist_innen erwartet (Anmerkung d. Red.: Fabsi wohnt direkt gegenüber der Vollzugsanstalt in Bremen-Oslebshausen).
Fabsi: Die haben wir alle hinter der Mauer, hinter der Gefängnismauer.
Stimmt, wir befinden uns ja hier in Oslebshausen beim Knast gegenüber.
Fabsi: Und die sind unsere treuesten Fans.
Die dürfen nur nachmittags über den Zaun gucken!

   Fabsi, ist das deine alte Kutte auf dem Cover?
Fabsi: Nee, meine Kutte nicht. Die ist von Stevie, der jahrelang MIMMI‘S-Fan ist, der auch beim WESERLABEL gearbeitet hat und aus Wuppertal kommt, uns immer begleitet hat. Meine Kutte habe ich irgendwie verbaselt. Als die Konzerte anstanden, musste ich die Kutte wiederfinden, habe den ganzen Keller durchwühlt und ich habe sie wiedergefunden. Das Einzige ist jetzt, wenn jemand neben mir steht, muss der denken ‘was ist dass für ein Assel- Punk‘, weil die stinkt dermaßen nach Muff…
Aber da passt du ja Jetzt wieder rein, denn du hast Ja abgenommen.
Fabsi: Ich passe da voll rein. Ich hab‘ die Kutte in Wasser gelegt, aber der Gestank geht nicht raus!

Die Brücke zu alten MIMMI‘S Songs und PUNK/NDW-Stücke ist geschlagen. Ist Punk für dich ein zeitloses Unterfangen oder ein “Dankeschön” an alte Zeiten?
Fabsi: Um Gottes Willen, bloß kein “Dankeschön” an die alte Zeiten. Ich kann es auch nicht mehr hören, wenn da so die Recken stehen in meinem Alter und meinen “Früher war alles besser”! Früher war überhaupt nicht alles besser. Früher war alles anders! Ich möchte heute nicht mehr auf der Bühne stehen, wie damals, ohne Monitor und kommst irgendwo an und es gibt nur ein Kabel und ein Mikro und vorne gar nichts, ne?! Es hat sich ‘ne Menge geändert…
Meinst du jetzt die technische Voraussetzung?
Fabsi: Die sowieso. Aber halt auch in der Kommunikation. Damals hat man kein Handy gehabt. Wenn wir auf der Autobahn im Stau waren, mussten wir bis zur nächsten Raste warten, ein paar Groschen zusammenkramen und in die Hörermuschel “Wir kommen 3 Stunden später” brüllen. Dann musstest du noch irgendwelche Stadtpläne besorgen, damit du an dem Ort überhaupt ankamst. Es gab keine Wegbeschreibung, kein Internet. Dann war der Zusammenhalt anders. Bevor man irgendwo reinriechen konnte, ”wer spielt; was passiert da überhaupt” bist du einfach hingefahren, ne?! Wir haben uns auch gegenseitig abgesprochen, “Hallo, wir machen in Bremen was, macht ihr bitte in Hannover nichts!” damit sich dass nicht überlappt und so war das auch. Dadurch gab es einen wunderbaren Zusammenhalt. Die Berliner fuhren nach Hannover und wussten was im Norden passiert und umgekehrt. West-Berlin war natürlich immer ein großes Abenteuer. Die gute alte Zeit war natürlich auch aufregend. Keiner konnte ein Instrument, keiner wusste, wo es lang geht und keiner wusste ‘was machen wir überhaupt eigentlich hier”. Der Gedanke musste erst gefunden werden. Als mir in London der erste Ton entgegenkam, wusste ich: “Dass ist es!”
Ist das die Geschichte, wo du alleine In Europa mit dem Zug unterwegs warst und bei einem DR. FEELGOOD-Konzert den Punk “gefunden” hast?
Fabsi: Nee, dass war anders. Ich hatte ein Interrail-Ticket, und dann bin ich 3 Wochen in Skandinavien herumgefahren, war in Kopenhagen im Tivoli, hatte mir da EXCEPTION angesehen, eine Uralt-Rockband, lag anschließend im Zelt und wurde nachts wach vor lauter Kribbeln. Ich dachte an Nesselfieber. Als ich die Taschenlampe anmachte, war das ganze Zelt voller Ameisen. Dann bin ich mit dem ganzen Zelt, mit meinen ganzen Klamotten in den nahe gelegenen Teich ‘reingesprungen und hab‘ die Biester ertränkt. So stand ich dann da in der Mitternachtssonne. Dann kamen noch ein paar Partygänger und haben mir Klamotten geliehen. Ich hatte so die Schnauze voll. Die haben mir dann die Adresse gegeben und gesagt, “schickst uns die Klamotten dann zurück”. So bin ich dann zurück nach Düsseldorf, hab‘ die Klamotten auf dem Balkon getrocknet und bin mit einer Tüte voll Klamotten zurück zum Bahnhof – ich hatte ja noch 1 Woche auf dem Ticket frei- stand da mit meiner Latzhose, Schnauzbart, Ringelshirt, Jeansjacke und hab‘ mir vorgenommen “den nächsten Zug nimmste, egal wohin”. Und dann kam halt der nächste Zug nach Ostende innerhalb von 5 Minuten. Da hab‘ ich mich ‘reingesetzt und bin dann in London gelandet. Da stand ich dann nun, keine Ahnung von nix, mit meiner Tüte…und hab‘ mir erst mal den „Melody Maker”( 3 )gekauft, weil ich musikalisch überhaupt keinen Überblick hatte. Ich wusste, zum Piccadilly muss man hin und bin da hingestrauchelt, war müde, hatte noch kein Pennplatz, als dann so’n Krach aus einem Club kam. Das waren DR. FEELGOOD( 4 )… und das war dann Pub-Rock. Auf dem Plakat stand, wer noch spielte: JOHNNY MOPED, EDDIE&THE HOTRODS. “Guckste dir die halt alle mal an”, dachte ich. Tja, und von da an war das Thema durch. Als ich anschließend nach Hause kam, bin ich in den Laden und hab‘ mir ‘ne Single von DR. FEELGOOD mitgenommen. 14 Tage später spielten dann PINK FLOYD in der Dortmunder Westfalenhalle, von denen ich noch Karten in der Tasche hatte. Ich hab‘ mir dann das Konzert angeschaut und war sowas von schlecht drauf, weil das eine so unpersönliche Scheiße war und hab‘ damit abgeschlossen. Ich war auf der Suche nach was anderem…und hatte das große Glück, dass mein Plattendealer in der Kapuzinergasse in Düsseldorf immer Promopäckchen mit Platten aus England erhielt. Von den neuen Sachen war der aber nicht begeistert: “Ätzende Scheiße, das kaut doch keiner!” und hat mir die Scheiben geschenkt. Nach einem 3/4 Jahr hat er dann auch gemerkt, was da los ging. Es gibt da diese unglaublichen Erlebnisse, die du hast, dieses spannende Entdecken von Neuem im Unterschied zwischen Früher und Heute. Wir sind mal mit meinem Käfer unterwegs gewesen zu einem KRAAN( 5 )-Konzert, direkt auf die andere Seite nach Neuss und standen da vor der Halle. Es hat geschneit bis zum Abwinken, waren froh, dass wir von Düsseldorf nach Neuss kamen und standen vor der Tür, an dem ein kleiner Zettel war: “Das Konzert fällt aus”. Schöne Scheiße. Also haben wir überlegt, fahren wir zurück nach Düsseldorf, stellen den Käfer ab und besaufen uns in der Altstadt. Alles klar. Und dann lief im Autoradio John Peel. Um 20 Uhr lief seine Radio-Sendung immer. John stellte eine Band aus New York vor. THE RAMONES. Mit einem Mal kam dann diese Kreissäge. “Blitzkrieg Bop”. Wir hockten da im Auto, im nasskalten Schneegestöber und haben dass nicht fassen können. Nach 1 Minute 56 Sekunden war der Song vorbei und dann ging John Peel zur Tagesordnung über. Wir sahen uns an: “Wer war das”? Ich bin dann in den Laden gegangen, verdammt, es kannte doch keiner die RAMONES?! Bis ich auf einem Festival in Belgien bei einem Plattenstand wühlte und die RAMONES-Platte in den Händen hatte. Da stand ich zu Hause mit der 1. RAMONES-Scheibe und war glücklich wie ein Vogel, ne?!

“Ich will alles…und noch viel mehr!” ist ja auch ein bekanntes Zitat von Rio Reiser (König von Deutschland). Bist du vom Typ jemand, der oft euphorisch ist und andere mitreißt, vor Energie übersprudelt?
Fabsi: Ja! Ich entscheide viel aus dem Bauch, und dass ist ein großer Fehler. Ich habe so zum Beispiel ein Eigenheim verschossen, mit dem Label.
Ach so, das hier ist gemietet!
Fabsi: Mietkauf von der COMMERZBANK sozusagen (kichert). Also wenn ich 70 bin, soll das abbezahlt sein.
An Ruhestand und Peanuts zählen ist bei dir nicht zu denken. In “Was willst du von mir” rechtfertigst du deine Lebenssituation. Hast du schon deine Midllfe-Crisis überwunden?
Fabsi: Das war ein guter Scherz! Ich war hier in Bremen auf einem SCHWARZ AUF WEISS( 6 )-Konzert und kam mit einer unglaublich guten Laune dahin, als ein Typ -geschätzte 26 Jahre- vor mir stand und sagte: “Was machst du denn hier? Ist das überhaupt deine Musik?” Ich dachte erst, der scherzt rum, merkte aber, der meinte das ernst. Ich sagte dann: “Was willst du von mir? Die Band habe ich unter Vertrag!”, womit ich sonst nie hausieren gehe. Ich war so stocksauer, dass ich ihm vorhielt: “Du wirst nie so alt aussehen, wie ich mal werde” oder so’n ähnlichen dummen Spruch ( Anmerkung: Vielleicht sinngemäß: “Lieber alt sein und jung aussehen, als jung sein und alt aussehen” ).

Da hast du empfindlich reagiert.
Fabsi: Ich geh’ selten aus dem Haus, weil ich viel unterwegs bin. Zu Hause habe ich die Familie, gehe in die Muckibude, spiele noch Fußball. Als ich mal im Bremer Club “Römer” war und im Viertel anschließend noch um 5 Uhr morgens eine Pizza gegessen hatte, ging das wieder los: “Ey, was machst du denn hier?”
“In meinem Alter”, sagte ich, “sag es doch”! Dann bin ich nach Hause, hab‘ mich hingesetzt und das Ding geschrieben.
Dann hast du festgestellt, dass Punk keine Frage des Alters, sondern der Energie ist.
Fabsi: Wenn ich keine Energie mehr im Körper habe, bin ich trotzdem Punk. Da kann man nichts machen. Ich meine, wenn der Körper nicht mehr will, kann der Geist immer noch richtig Punk sein.
Mit 50 aufhören AC/DC zu hören. Was ist denn deine Lebensmaxime? Hauptsache es knallt?
Fabsi: Ja…wo war das denn? Ach ja in Berlin. Da hab‘ ich für die Firma  auf ein Konzert von diesem Arsch von BUSHIDO gearbeitet. Da waren auch so 40jährige, die meinten “Baah ist das laut!” Da meinte ich ‘Je älter man wird, desto lauter muss es doch sein, man wird doch schwerhörig!”
Die standen vor mir: “Ja, das verstehen wir aber nicht!” sagten se. Ich sach: “Wenn ihr erst mal 60 seid, dann hört ihr doch nicht mehr so gut! ”

Ist Politik und Funpunk ein Widerspruch oder eine ergänzende Mixtur, die sich besser verkaufen lässt?
Fabsi: Nee, das ist ein ganz wichtiges Lebenselement. Wenn du beides nicht hast, dann ergänzt es sich nicht. Wenn du nur den Clown mimst, nimmt dich keiner ernst. Und wenn du nur die politische Schiene fährst, dass muss ich auch manchen Personen in der Antifa sagen, man muss auch mal lachen können. Man muss sich auch mal selber auf die Schippe nehmen können. Wenn ich Worte wie “Sex” und “Möpse” nicht mehr in den Mund nehmen darf, dann frag ich mich, wie pflanzen die sich fort? Elf und Nici konnten nie so ganz verstehen, dass ich seit meinem 13. Lebensjahr den rheinländischen Karneval live praktiziere. Anfangs habe ich mich den Umzugsgruppen angeschlossen und mittendrin reingesprungen, bis die Sache im Fernsehen übertragen wurde, dann war das vorbei mit dem spontanen Reinspringen und hab‘ mich irgendwelchen Musikgruppen angeschlossen. Und da wir Karneval mit der Band in Düsseldorf gespielt haben, habe ich Nici und Elf mitgenommen. In der Kneipe sitzen, die Seele baumeln lassen: “Die Hände zum Himmel” und Wolfgang Petry-Lieder singen, da lässt du die Sau raus. Das hört einfach zum Leben dazu. Und jetzt muss ich jedesmal die Konzerte so buchen, dass wir Karneval in Düsseldorf spielen. Eine Woche später fahren wir zur Basler Fasnacht( 7 ), die wiederum ganz andere Hardcorebräuche haben, die so was von kompliziert sind. Da gibt es ‘ne Homepage für die Aktiven und für die Passiven gibt es Reglements, was man machen darf und was nicht, wie du dich verhalten musst…
Was ziehst du denn da an?
Fabsi: Um Gottes willen. Der Gast zieht da nichts an. Nur als Aktiver, wenn du im Verein bist, darfst du mitlaufen…
Da warst du aber begeistert, wie?
Fabsi ( schwärmt weiter ): Großartig war das. Wir waren alle begeistert. Wir spielen dann an dem heiligen Sonntag und nachts um 4 Uhr geht es da dann los! Dann trifft man sich in der Innenstadt, ist noch nicht betrunken, als plötzlich jemand vom Turm ‘runterbrüllt mit so einem Urschrei, Trommelwirbel, dann geht das Licht aus und wenn es wieder angeht, wird gefeiert bis Donnerstag morgen. ( Nach einer Pause ) Ist auch ein Erleben von Punk…

Die GOLDENEN ZITRONEN haben sich damals vom Fun-Punk verabschiedet, als sich auch immer wieder rechte Spinner auf ihren Konzerten tummelten. Bei euch war das ja ähnlich. Boneheads mit Hitlergruß und eindeutigem Dresscode. Wie seid ihr dem begegnet?
Fabsi: Wir hatten ja die Single “Gebt den Faschisten keine neue Chance”. Das Livegelaber von den Störköppen war auf einem Konzert in der Schweiz, wo sich in der französischen Schweiz rechte Spinner untergemischt haben und “Sieg Heil” riefen, was wohl die einzigen deutsche Worte waren, die sie sprechen konnten. Die haben den Leiter vom Gaskeller in Blei angegriffen und auch ein paar Leute, als wir gesagt haben, “es kann nicht sein, dass wir hier auf der Bühne stehen, und die Spinner machen alles kaputt” und bin mit den Mädels direkt von der Bühne runter. Das kam immer wieder mal vor, dass sich Hardliner untergemischt haben. Auch in der Zeit, wo wir mit RUMBLE ON THE BEACH( 8 ) unterwegs waren und rechte Psychobillies solche Konzerte für ihren Schwachsinn missbraucht haben.
Wann war das ungefähr?
Fabsi ( rechnet ): Boah, das war auf der “We are the Champions”-Tour, ’86 rum. Und da waren wir Silvester in Dortmund. Das Konzert im Juze wurde vergessen anzukündigen, als plötzlich Leute von der Borussen-Front und Anhänger der rechten Adlerfront Frankfurt – die sich gegenseitig besuchten- durch Zufall an der Party vorbeikamen und die Cola-Automaten durch die Fenster geflogen sind. Das große Glück für uns alle war, dass die einen Taxifahrer angegriffen und sowas von zusammengewichst haben, aber noch einen Knopf drücken konnte und in Minuten zig Taxen ankamen und das Ganze aufmischten. Danach kam erst die Polizei. Und daraufhin ist das Stück “Geht den Faschisten keine neue Chance” erst entstanden. Bis dahin waren wir mit den DIE MIMMI’S wohl behütet unterwegs. Es war bis dahin nie der Fall gewesen, dass sich Rechte auf unseren Konzerten tummelten. Zu diesem Zeitpunkt fing das an zu gären…
Wobei ihr bis heute immer einen Quotensong dabei habt.
Fabsi: Wir spielen “Gebt den Faschisten keine neue Chance” oder jetzt “Scheiß auf dich und deine Meinung” immer wieder, und ich befürchte, dass es kein MIMMI’S Album ohne Anti-Nazi-Song geben wird, denn du siehst ja, was draußen los ist…kann man sich nicht vor verschließen.

Privat musstest du einige schwierige Situationen verarbeiten. Was hat dir in diesen geholfen, wie bist du aus dem emotionalen Tief herausgekommen?
Fabsi: Das war eine superharte Zeit. Das Label läuft, du tust und machst, arbeitest mit vielen Leuten zusammen. Als Elli schwanger wurde und das erste Kind verlor, dann haben wir geheiratet. 1/2 Jahr später hat sich meine Mutter mit 78 Jahren das Leben genommen. Dann hat Elli im 3. Monat das 2. Kind verloren, dann kam die alte Katze mit 16 Jahren hinterher und hat die Löffel abgelegt, dann der Paukenschlag mit Semaphore, ein Vertrieb der u.a. die “Smash” von OFFSPRING herausbrachte. Wir hatten den ganzen Kram von Epitaph/Semaphore im Katalog, den wir bundesweit verteilt haben. Ich habe da 150.000 DM eingesetzt, Werbung und so, ne…hatten eine englische Firma, die uns mit T-Shirts beliefern wollten…exklusiv. Die hatten angeblich auch die Rechte. So, und dann brach das Kartenhaus innerhalb von 4 Monaten zusammen, indem die Firma Semaphore Epitaph nicht ausbezahlt hatte, Epitaph daraufhin keine Ware mehr auslieferte. Wir hatten Bestellungen bis zum Abkotzen und konnten die Ware nicht liefern. Dann kam ein Schreiben von unserem Rechtsanwalt aus England, dass wir T-Shirts verkaufen würden von der und der Firma, die keine offizielle Lizenz hatte und illegal Ware verkaufte. De facto hatten wir 2 große Zulieferer verloren und darum ist das WESERLABEL in die Knie gezogen worden. Ich musste anschließend die Mitarbeiter entlassen, bin ’98 aus dem Büroraum nach hier umgezogen und musste noch jahrelang Schulden abtragen…
Wenn du das nicht mehr kannst, gleich nebenan ist ja der Knast.
Fabsi(kichert): Ich hab‘ noch so 15 Kartons voll mit Fanzines, die kann die Bank bei E-Bay versteigern!
Und das emotionale Tief hast du überwunden, indem du bspw. Sport gemacht hast und…
Fabsi: Alles. Es waren Kumpels da, ich spiele 2 Mal die Woche für ESV Blau-Weiß Fußball, einem alten Eisenbahner Sportverein, ich glaube um die Bismarck-Zeiten gegründet…und bin da rein, weil ein paar Kumpels da mitspielten. Etwas später ist dann auch der Kontakt mit Tex Morton (Ex-LÜDE&DIE ASTROS, heute MAD SIN) und Andi Laav (DIE SKEPTIKER, MAD SIN) zustande gekommen, und die Idee, wieder Musik zu machen, um aus dem Tief ‘rauszukommen. 1996 gründeten Elli, Tex , Andi und ich dann FABSI& DEN PEANUTSCLUB. “Ist doch alles Peantus” ist auch die ernsteste Platte, die wir je aufgenommen haben. Als ich offen über den Selbstmord meiner Mutter geredet habe, bekam ich unglaublich viele Rückmeldungen, aber ich fühlte mich irgendwo immer minimal mitschuldig. Meine Mutter hat mal gesagt, “wenn du nicht unterwegs gewesen wärst, hätte ich mich scheiden lassen”. Da denke ich natürlich drüber nach: War ich ein Fehler? Wie viel Schuld habe ich am Selbstmord???

Eine Schulterverletzung bedeutete 1999 erneut das Bandaus. Deine Stimmband-OP hat dich dann auch außer Gefecht gesetzt.
Fabsi: Ja, ich bin wie so ein Steh-auf-Männchen. Ich hab‘ die Milz rausgehabt, hatte Meningitis…das ganze Besteck. Und die Schulterverletzung auf dem PANHANDLE ALKS-Konzert, wo ich auf einem Kugelschreiber ausgerutscht bin…die Schulter war ausgekugelt. Damals wusste man nicht, was man macht, hat den Knochen durchgesägt und die Schulterkugel um 180 Grad wieder rangekloppt. Heute macht man das mit Laser. Seitdem gehe ich in die Muckibude…
Hast du Einschränkungen?
Fabsi: Komplett, die ist ja ‘rausgefallen.
Seitdem hast du Angst vor Kugelschreiber?
Fabsi: Sowieso (lacht). Wenn ich eine auf dem Boden liegen sehe, hebe ich den sofort auf. Wenn eine Flasche auf der Bühne liegt, kicke ich die sofort weg! Und die Verletzung hat uns dann nochmal 2 Jahre, zusätzlich zum finanziellen Desaster, richtig in den Keller gefahren, dass ich alles aufgeben musste…bis auf das heilige Auto alles verkauft, damit ich überleben konnte. Seitdem kämpf‘ ich mich an allem ran, ne?! Ja und dann die Stimmband-Operation…mit RUBBERSLIME und MIMMI‘S on tour, geh’n schwimmen in Trier…leg mich in den Nightliner, Stimme weg. Bin dann nach Stuttgart ins Krankenhaus, in die Röhre ‘reingeschoben, Bildschirm an, sacht der Arzt “Alles voll Bakterien”. Der ganze Rachenraum war weiß. Der Arzt hat eine Stimmband-Op empfohlen, mich aber gehen lassen.
Hat dir der Arzt geraten, mit dem singen aufzuhören und trinkst du jetzt nur noch Kamillen-Tee zur Schonung?
Fabsi: Nee nee, Kamilientee trocknet aus. Viel Wasser trinken oder Kartoffelscheiben um den Hals legen.
Solange du kein Eigenurin trinken musst, was Fabian?
Fabsi: All so’n Scheiß. Und deswegen ist es heute so, dass ich zu 95 % während der Tour in Pensionen fahre. Ich bin der Fahrer und trinke keinen Alk. Da bin ich auch eisern!

Elf und Andi haben offensichtlich noch eine Schippe Druck und Schwung mitgebracht. Empfindest du die aktuelle Besetzung als Traumbesetzung?
Fabsi: Im Moment ja, absolut. Viele Leute fragen mich, wie es denn früher lief, mit Elli, Sylke, Ollie oder Lars am Schlagzeug…klar, dass war eine andere Zeit, die hatte auch ihren Charme. DIE MIMMI‘S sind aber immer DIE MIMMI’S geblieben. Wir spielen die alten Sachen noch, nur viel stranger, schöner, viel netter…
Entdeckst du die alten Stücke dann wieder neu?
Fabsi: Das erste Konzert mit Elf war ja auf dem FORCE ATTACK. Der ist ja ins kalte Wasser gesprungen…ich hab‘ schon gesagt, wir spielen nicht mehr FORCE ATTACK, weil jedes Mal, wenn wir da spielen, haben wir neue Musiker am Start. Immer, wenn wir in die Nähe des Termins kamen, hatte ich die Befürchtung, dass jemand aus der Band sagte “Ich steige aus”. So war das 2007 auch wieder, genau wie 2006 und 2004. Als 2005 Sixten Trash ausgestiegen ist und Elf einsprang, und das erste Mal “Das ist meine Welt” und das Solo spielte, habe ich als eigener Musiker eine Gänsehaut auf der Bühne bekommen. Ich hab‘ schon die Zeit genossen, als Elf bei ABWÄRTS Gitarre spielte, weil der halt eben…
… diesen Rock’n'Roll-How hat.
Fabsi: Er ist ein Vollblut-Musiker, macht auch so Sachen auf der RUBBERLSLIME wie “St. Pauli leuchtet nur hier”. Was für ein geiler Hammer-Song:

Elf hat ja auch erheblichen Anteil an den Kompositionen der aktuellen Platte.
Fabsi: Lars, der 5 Jahre DIE MIMMI‘S Schlagzeuger war, hatte gesundheitliche Probleme mit dem Handrücken. Daraufhin haben wir das ganze Unternehmen gestoppt. Nici und Elf haben zusammen schnell Stücke fertig geschrieben, die wohnen ja auch zusammen. Da waren Sachen vorgegeben, wo ich dann die Reißleine gezogen und gesagt habe: “Lass uns einmal eine MIMMI’S-Platte machen wo jeder Refrain, jeder Song knallt wie auf der GREEN DAY “Dookie”.

Anmerkungen:
(1) http://de.wikipedia.org/wiki/ZK_(Band)
(2) http://www.weserlabel.de/jcms/
(3) http://de.wikipedia.org/wiki/Melody_Maker
(4) http://www.drfeelgood.de/
(5) eine deutsche Jazzrock-Band und zählt zu den bekanntesten Vertretern des Krautrock: http://www.kraan.de/
(6) http://www.musikschwarzweiss.de/
(7) http://fasnacht.ch/
(8) Rumble on the Beach war eine deutsche Rockabilly-Band auf dem WESER-LAbel, die Anfang der 80er Jahre mehrere Platten herausbrachte und wegen dem “Purple Rain”-Cover von PRINCE bekannter wurde.