THE DETECTORS

   We support a vegan/vegetarian lifestyle!!!

Die Punkband The Detectors aus Kiel machen nicht nur seit 2003 richtig gute Musik, sondern transportieren mit ihrer Musik auch enorm wichtige politische Inhalte. Zu viele Krisen, zunehmender Rechtspopulismus und Regierungsirrsinn veranlasst die Band, reinen Tisch zu machen, Diskriminierungen entschieden entgegenzutreten, Profitgier anzuprangern und Deutschland endlich abzuschaffen. Als Referenz wird auf Marx, „The invisible Commitee“, Raoul Vaneigem („International Situationiste“) und der eigenen Vernunft verwiesen. Die musikalische und textliche Ausarbeitung gleicht einer politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Dissertation, ist faszinierend leidenschaftlich inszeniert, arrangiert und lässt den Glauben an offensivem Punk und human/animal liberation, Strategien gegen Kapital und Nation zurück gewinnen.
Vor allen Dingen setzen sich Henning , Smish , Niklas , Adrian als Veganer und Vegetarier aber für die Tierrechte ein! Mit ihrem Song „ Slaughterhouse Mentality “ vom aktuellen Album „Deny“ (erschienen auf TRUE REBEL RECORDS ) thematisieren sie das Tierleid und setzen auf eine didaktische Rekonstruktion zum Politikbewusstsein und auf üppig breakhafte Melodien als Rüstzeug für den gerechten Kampf einer besseren Gesellschaft.
Stop praying, act NOW!

„Yeah we care about it, we fight for our rights!“ singt ihr auf eurem aktuellen Album „Deny“. Das ist auch auf den Bereich Tierrecht übertragbar. Welche Kritikpunkte hast du gegenüber der industriellen Tiernutzung?
Niklas: Die Kritik beginnt bei der Tatsache, dass Tiere überhaupt benutzt werden. Dahinter steckt doch implizit immer die Annahme, dass sie in erster Linie Objekte sind.
Tiere können sich ja nicht organisieren oder wirklich wehren. Und somit ist ihre Ausbeutung in der kapitalistischen Produktion eigentlich unübertreffbar. Ihre Körper und ihr ganzes Leben sind darüber definiert was für eine Art Produkt sie auf dem Markt abgeben.
Ich versuche Tiere aber als Individuen und Personen zu betrachten – zumindest grundsätzlich. Bei sogenannten „Haustieren“ machen das viele, bei „Nutztieren“ nur sehr wenige. Das ist natürlich erstmal ein Widerspruch, an dem auch unser ambivalentes Verhältnis zu anderen Spezies deutlich wird. Tiere sind aber nicht in diesen Kategorien geboren, in denen wir sie fast automatisch denken. Sie sollten unabhängig davon ein Recht auf ein unversehrtes Leben haben.

Wie lange lebst du schon vegetarisch/vegan und was war ausschlaggebend für diesen Wandel?
Niklas: Ich lebe ungefähr seit Anfang 2005 vegan, also jetzt 7 Jahre. Davor war ich knapp 2 Jahre Vegetarier und empfand das irgendwann als inkonsequent – z.b. wenn man an Lab bei der Käseproduktion denkt oder die Verbindungen zwischen der Milch- und Fleischindustrie.

Ist Veganismus für dich ein politischer Lifestyle?
Niklas: Ja, absolut – die Grundidee ist eine politische. Es geht ja um ein gesellschaftliches Verhältnis, in dem man Tiere gefangen sieht. Ihre ganze Existenz ist wie gesagt darüber definiert und Veganismus verweigert sich dem, in dem man aufhört Tiere zu benutzen – für Kleidung, Leder, Sport, egal.
Aber ich weiß auch, dass es da trotzdem keine eindeutige Definition gibt. Für manche ist es eben in erster Linie nur eine Art und Weise sich zu ernähren oder einfach ein „bewussterer“ Lifestyle. Aber selbst dann gibt es meistens ein Minimalaspekt an Kritik gegenüber bestehenden Strukturen, z.b. des Konsums, der Tierhaltung oder der ökologischen Folgen.

Wie hat sich die Ernährungsumstellung und der Fleischverzicht auf dich ausgewirkt, was hat sich geändert?
Niklas: Zuerst habe ich es nicht richtig geschafft auf Käse zu verzichten und habe daher 2 Anläufe gebraucht. Zudem habe ich noch eine „Glutenintoleranz“ und vertrage die allermeisten Getreidesorten nicht. Dadurch war ich es aber immerhin schon gewohnt andauernd die Zutatenlisten zu lesen, haha. Ich finde man bekommt grundsätzlich schnell ein ganz neues Verhältnis zu Ernährung überhaupt. Macht sich Gedanken was es alles gibt, fängt an rum zu experimentieren und ist einfach viel offener. Ich ernähre mich seit dem auch definitiv gesünder, mit mehr frischem Gemüse und so.

Hattest du das Gefühl, auf etwas verzichten zu müssen?
Niklas: Nein, nur ganz am Anfang. Aber da war man gleichzeitig auch sehr beflügelt davon, es „geschafft“ zu haben. Alles was mit Milch, Eiern, Käse zu tun hat – das existiert für mich eigentlich gar nicht mehr. Von Fleisch ganz zu schweigen. Nur manchmal überkommt es mich bei Süßigkeiten, etc. die Bienenwachs oder Honig enthalten. Da gibt es z.b. bei glutenfreien Produkten eine ganze Palette und das nervt dann, weil es so haarscharf davor ist, alle Kriterien zu erfüllen.

Wie hat dein Freundeskreis, deine Eltern reagiert. Waren sie interessiert, ablehnend, überzeugt von deiner neuen Lebensweise?
Niklas: Bei meinen Eltern hat sich das im Laufe der Zeit von Ablehnung und Skepsis zu echt engagierter Unterstützung gewandelt, wenn gleich sie mich wohl immer noch lieber als Vegetarier sehen würden. Ich denke für sie ist es einfach eine Nummer zu radikal, auch wenn sie schon verstehen, dass es eigentlich berechtigt ist diese Konsequenzen zu ziehen.
Und außerhalb der typischen „Szene“ ist es eigentlich ähnlich – die meisten finden das irgendwie spannend und fragen einen erst mal aus. Aber es ist schon irgendwie verrückt, weil es für mich so alltäglich und unkompliziert ist und für viele andere immer noch eine Lebensweise die unvorstellbar erscheint.

“Holocaust auf deinem Teller”-Kampagne von Peta

Die PETA-Kampagne „Holocaust auf deinem Teller“ wurde sehr kontrovers diskutiert. Die plakative Gegenüberstellung von Bildern aus KZs, auf denen ausgemergelte Menschen und von verschiedenen Tierarten aus der üblichen Massentierhaltung gezeigt werden war mehr als grenzwertig und hat den Holocaust verharmlost. Sind Provokationen und schockierende Bilder in diesem Zusammenhang sinnvoll?
Niklas: Der KZ-Vergleich ist wirklich eine Katastrophe. Und mal ganz zu schweigen davon, dass wir hier mit der Shoa über eines der größten und unvorstellbarsten Menschheitsverbrechen reden, ist doch auch die Frage ob so was überhaupt den Kern der Sache trifft.
Fleischproduktion ist letztendlich leider ganz normale, rationalisierte, kapitalistische Produktion – und gerade darin steckt ja der Wahnsinn. Das sind also schon vom Prinzip her 2 völlig verschiedene Hintergründe und für das Verständnis beider Katastrophen hilft diese Gleichsetzung weder dem einen noch dem anderen. Das ist halt purer Populismus der da bei peta nicht zum ersten Mal total nach hinten losgeht.

„Wenn es um Leid und Schmerz geht, sind Tiere und Menschen gleich, weil beide den Schmerz gleich empfinden“, betonte Harald Ullmann für peta Deutschland. Diese Argumentationslinie folgen ja auch Vegan Hardliner wie Earth Crisis, Vegan Reich, die Tierrechte über Alles propagieren und ein reaktionäres Weltbild demonstrieren. Besteht hier die Gefahr einer veganen Diktatur?
Niklas:
Ich kann diese Hardline-nummer einfach nicht ernst nehmen und bin froh, dass das zum größten Teil ausgestorben ist. Von daher glaube ich auch nicht, dass davon so eine große Gefahr ausgeht. Ich denke aber auch es wäre sinnvoll den „Tier“-Begriff langfristig abzulösen und daran zu arbeiten nicht mehr in diesen Dualismen zu denken. Jede Spezies ist für sich eigenartig aber statt dem irgendwie gerecht zu werden dient der Begriff „Tier“ in erster Linie nur dazu „Nicht-Mensch“ zu sagen und damit alles zur Natur gezählte zum Abschuss frei zugeben.

Das geht schon über einen allgemeinen Respekt vor Leben hinaus. Wer Tierrechte über Alles propagiert, hat ein Glaubenssystem, was unter Umständen ein militantes Selbstverständnis zur Folge hat. Ist Gewalt gegen Personen mit deiner Idealvorstellung kompatibel?
Niklas: Militanz ist eine Sache, Gewalt gegen Personen eine andere. Es gibt sicherlich historische Situationen, in denen Gewalt gegen Personen notwendig war oder ist – rein moralisierendes Denken verfehlt da manchmal die politische Realität. Aber trotzdem kannst du darauf kein politisches Konzept aufbauen, einfach alle aus dem Weg räumen die „falsch“ denken, das ist irgendwie auch total platt und unpolitisch. Militanz dagegen kann sehr wohl gezielt und effektiv eingesetzt werden und bedarf  – damit sie funktioniert – auch einer intelligenten Analyse der Verhältnisse.

Animal liberation front als nicht organisierte Bewegung richtet ihren Kampf in der Hauptsache gegen Sachen und ist für direkte Aktionen, führt Sabotageaktionen und Befreiungsaktionen durch. Sympathisierst du mit den Zielen/Aktionen der ALF?
Niklas: Definitiv. Befreiungsaktionen retten ganz konkret Leben und direkte Aktionen sorgen für finanziellen Schaden und üben Druck aus. Man darf eben nicht vergessen: Tierausbeutung ist ein Geschäft und Geschäfte müssen sich lohnen. Boykott, direkte Aktionen, Aufklärungsarbeit – all das greift gemeinsam dort ein wo es weh tut und das ist auch richtig so.

Glaubst du, dass durch Tierbefreiungs- und Sabotageaktionen vor allem Personen von tierrechtspolitischen Themen abgeschreckt werden? Ist somit eher das Thema „Gewalt“ in der Öffentlichkeit präsent?
Niklas: Ja, das ist ein Thema mit der sich eigentlich jede politische und soziale Bewegung auch auseinandersetzen muss. Ich halte es aber für sehr bürgerlich zu glauben, dass die Grenzen der Legalität auch die Grenzen des Aktivismus sein müssen. Entscheidend ist wohl wie es vermittelt wird. Das heißt man kann z.B. als politische Bewegung Konzepte entwickeln und auch durchsetzen.
Ein gutes Beispiel dafür sind die Blockade-Konzepte die sich mittlerweile zum festen Repertoire gegen Naziaufmärsche entwickelt haben. Vor einigen Jahren war das noch anders, doch jetzt hat sich diese Form des zivilen Ungehorsams etabliert und bietet über stillen Protest hinaus Anknüpfungspunkte für sehr viele Menschen, die solche Aufmärsche nicht zulassen wollen. Sowas ist schon ein Erfolg, der aber auch immer wieder aufs neue hergestellt werden muss.
Und ohne die Möglichkeit kollektiv Druck auszuüben wird politische Arbeit einfach selten Erfolg haben. Wie das wiederum medial repräsentiert wird ist eine andere Frage. Aber auch hier kann man mit guten Presseerklärungen, etc. schon viel machen. Leider ist es aber auch so, dass sobald außerparlamentarische Arbeit beginnt effektiv zu sein, sie sehr schnell mit der „legalen“ Gewalt konfrontiert wird, siehe z.B. die 278a Verfahren in Österreich ( 1 ) oder die alltägliche Repression auf vielen Demos.

Welche Möglichkeiten für eine breite öffentlichkeitswirksame Diskussion zum Thema Veganismus sind ansonsten angebracht und vorteilhaft?
Niklas: Grundsätzlich wäre es wahrscheinlich wichtig, dass sich wieder so was wie eine organisierte Tierrechts-/Tierbefreiungsbewegung entwickelt. Die also vernetzt ist, sich auch inhaltlich beschäftigt und eben über entsprechende Strukturen verfügt. Das fehlt in Deutschland, soweit ich das beurteilen kann, zur Zeit, würde aber die Möglichkeit von Intervention von unten herstellen. Dass das Funktionieren kann haben ja nicht zuletzt die erfolgreichen Kampagnen der „Offensive gegen die Pelzindustrie“ in den vergangenen Jahren gezeigt. Auch in Kiel gab es erst vor einigen Jahren mal eine Aktion unter dem Titel „Tierausbeutung ist allgegenwärtig“ ( 2 ), bei der versucht wurde die gesamte Innenstadt mehr oder weniger zu belagern und dezentral an allen Orten und Geschäften an denen Tierausbeutung sichtbar wird, mit entsprechenden Flyern, Redebeiträgen und Aktionen dieser Verschleierung von Ausbeutung entgegenzutreten. Das war eine sehr interessante Erfahrung und ist z.B. eine Möglichkeit von vielen, was man so alles in seiner Stadt auf die Beine stellen kann.

Sind immer wiederkehrende Skandale in der Fleischindustrie und mitleidserzeugende Bilder/Reportagen ein Grund, warum Veganismus/Vegetarismus in den Köpfen präsent ist? Welche Gründe sind deiner Meinung nach dafür ausschlaggebend, warum Personen nach kurzer Zeit wieder anfangen, Fleisch zu essen?
Niklas: Ich glaube ein ganz großer Aspekt dabei ist die Kategorie „Lifestyle“ die du oben ja auch schon aufgemacht hast. Sowas entpolitisiert das ganze erheblich und bricht es auf eine Form des Konsums herunter, die man auch als „Mode“ bezeichnen könnte. Aber Mode kommt und geht – selbst in Subkulturen und „unserer“ Szene ist das ja kaum anders. Das ist auch irgendwie ein Problem, dass man als Band schnell hat. Bloß wenn solche Themen bei Identität und Zugehörigkeit stehen bleiben, ist das ein ziemlicher schmaler Grat. Deshalb finde ich es viel wichtiger, dass die Kritik ein wirkliches Fundament hat, selbst wenn sich dann Leute z.b. über lange Zeit vegetarisch und nicht vegan ernähren. Das ist doch besser als auf super radikal zu machen und dann nach 2 Jahren wieder bei McDonalds landen – das habe ich leider auch schon alles erlebt.

Weitaus gefährlicher sind Anknüpfungspunkte für die Extreme Rechte, die das Thema „Tierrecht, S.E., Veganismus“ und extreme Positionen der Hardline-Ideologie aufgreifen. Wie gefährlich ist diese Entwicklung für die Punk-HC-Szene?
Niklas: Nazis bedienen sich ja immer wieder gerne an ursprünglich linken oder alternativen kulturellen Entwürfen – irgendwie scheinen die da selbst ziemlich unkreativ zu sein, haha. Eigentlich auch logisch. In der Punk-HC-Szene habe ich aber überhaupt nicht das Gefühl, dass zur Zeit über die Schiene „Veganismus/ Straight-Edge“ reaktionäre Strömungen Einzug erhalten – das mag in den 90ern mal anders gewesen sein. Wie gesagt, hardline sucks, aber ich begegne dem glücklicherweise äußerst selten.

Was kannst du tun, um reaktionäre Positionen aus dem Punk-, HC-Bereich rauszuhalten und ihnen entgegenzuwirken?
Niklas: Wenn solche Themen konsequent durchdacht sind und auch breit verstanden werden, dann sollten sie eigentlich auch keine Anknüpfungspunkte für Idioten welcher Art auch immer bieten. Straight Edge zum Beispiel ist für mich ganz klar im Kontext von Punk zu sehen und zu verstehen. Es war nie als Regelwerk oder Vorschrift gedacht. Wenn Leute sowas dann aber überinterpretieren, dann liegt das glaube ich daran, dass viele Menschen auf der Suche nach einfachen Antworten sind – aber die gibt es nun mal nicht. Wichtig ist einfach Dinge als Community offen zu diskutieren und komplexe Zusammenhänge nicht auf Plattitüden zu reduzieren.

Zu guter Letzt: hast du ein leckeres veganes Rezept für mich zum Nachkochen?
Niklas: Wie wäre es mit veganem Tzatziki? Ist gerade im Sommer super beim Grillen oder zum Brot, etc.
Sieht dann ungefähr so aus: Veganen Joghurt organisieren, Gurken reinraspeln, eine menge Knoblauch reindrücken, etwas Olivenöl, sowie ordentlich Salz und Pfeffer dazu hauen und ziehen lassen…Yummy!

Anmerkungen:
(1) In Österreich wird § 278a StGB missbraucht um Menschen zu verfolgen, die ebenso legale wie notwendige Tierschutz-Arbeit leisten.
(2) http://de.indymedia.org/2010/04/277999.shtml